Über Sinn und Unsinn einer Salzburger Landesausstellung 20. 16
Im Kapitel 5 „Tourismus“ auf Seite 10 des Arbeitsübereinkommens der Salzburger Landesregierung wurden die Weichen in Richtung neue Landesausstellungen gestellt: Wir beabsichtigen die Wiedereinführung von Landesausstellungen mit besonderer Berücksichtigung von „200 Jahre Salzburg bei Österreich 2016“ und „200 Jahre Stille Nacht 2018“.
Seitdem gehen die Wogen rund um die Landesausstellung in Abständen hoch. Was ist das eigentlich so eine Landesausstellung? Was soll sie sein? Soll sie überhaupt sein? Und wenn ja für wen? Von wem?
Jetzt kann man mit einiger Berechtigung einwenden: 200 Jahre Salzburg bei Österreich, das ist doch kein Jubiläum das begangen werden muss, kein Jubiläum, das in der Bevölkerung verankert ist, das jemals groß gefeiert wurde. Und überdies stellt beispielsweise der Dachverband der Salzburger Kulturstätten in Frage, ob dieses Jubiläum historisch tatsächlich richtig verortet wird.
Und überhaupt das Geld. Das ist natürlich die Hauptsorge der Opposition. In Zeiten des Sparens für so etwas Geld ausgeben? Da werden dann alle möglichen und unmöglichen Ausgaben und Kürzungen gegenübergestellt. Tenor: für sowas ist Geld da, während es woanders dringend benötigt würde.
Wohin soll die Reise gehen?
Der politische Rahmen über die Ziele der Landesausstellung 20. 16 ist soweit abgesteckt. Es soll „keine Geschichtsverklärung oder Aneinanderreihung historischer Fakten sein, sondern eine sehr differenzierte und kritische Selbstreflexion der Identitätsfragen bieten“, stellt Landeshauptmann und Tourismusreferent Wilfried Haslauer in einer Anfragebeantwortung klar. Von grüner Seite war uns wichtig, dass wir uns weniger der Vergangenheit, als vielmehr den Zukunftsfragen widmen. Und das mit einem partizipativen Bottom-Up-Zugang. Nicht zentral, sondern dezentral von den Gemeinden sowie lokalen Initiativen und Einrichtungen ausgehend. Haslauer dazu: „Ziel eines derartigen Jubiläumsjahres ist also nicht die Erschöpfung in Festakten sondern vielmehr eine bewusste Befassung mit uns in einem regionalen, österreichischen und europäischen Kontext, mit unserer Geschichte, unserer Gegenwart aber vor allem mit der Zukunft unseres Landes. (…) Ziel ist eine möglichst große Partizipation der Bevölkerung und der Institutionen sowie eine möglichst breite regionale Verankerung des Themenjahres“.
Mehr als eine Ausstellung
Es geht also um mehr als eine Ausstellung. Eine solche wissenschaftlich-museale Aufarbeitung wird es zwar auch geben (im Salzburg Museum), diese soll aber nur einen Teil des Gesamtkonzepts bilden. Der grüne Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn hat sich dafür stark gemacht, dass eine tragende Säule des Themenjahres so genannte Zukunftslabore werden. Ausgehend von der Idee des Festival der Regionen in Oberösterreich haben wir uns die Frage gestellt wie wir zeitgenössische Kunst (-produktion) einerseits und partizipative Gemeindeentwicklung andererseits in das Konzept Salzburg 20. 16 implementieren können. Anknüpfungspunkt für beides ist der Begriff „Wandel“. Wie hat sich Salzburg sozial, wirtschaftlich, (natur-) räumlich und gesellschaftlich verändert? Und vor allem wie wollen wir diesen Wandel in Zukunft gestalten?
Das Fell des Bären
Es heißt, das Fell des Bären soll nicht verteilt werden, bevor er erlegt wurde. Und das ist auch der Grund, warum es bis dato viel Zurückhaltung in Bezug auf Salzburg 20. 16 gegeben hat. Es war klar, dass zuerst auf politischer Ebene eine tragfähige Vorstellung über den Inhalt einer Landesausstellung bzw. eines ganzen Themenjahres hergestellt werden muss. Ein solches Konzept ist nun in Eckpunkten akkordiert und als Regierungsbeschluss vorbereitet. (Die Detailausarbeitung soll 2015 unter Einbindung von ExpertInnen, facheinschlägigen Beiräten, Gemeinden, Vereinen, etc. stattfinden)
Der nächste Schritt sind jedenfalls Verhandlungen mit der Bundesregierung. Ex-Finanzminister und ÖVP-Chef Michael Spindelegger hatte Haslauer bereits eine „Verwendungszusage“ über 5 Millionen Euro gegeben. Ob diese nach Spindeleggers Rücktritt unter einem neuen Finanzminister hält bleibt abzuwarten. Und damit steht und fällt natürlich auch das angedachte Konzept.
Für die Stadt Salzburg wäre eine Beteiligung in der Höhe von einer Million (maßgeblich für die Ausstellung im Salzburg Museum) vorgesehen, für das Land ein Betrag von einer bis 1,5 Millionen Euro.
Sinn & Unsinn
Es wäre Unsinn eine Landesausstellung zum Abfeiern einer fragwürdigen Salzburg-Identität, zur Beschwörung eines Wir-Gefühls, als bloßen repräsentativen Festakt zur Selbstbeweihräucherung abzuhalten. Aber das stand ohnehin von Anfang an nicht zur Debatte. Es hat hingegen sehr viel Sinn eine differenzierte und auch kritische (Selbst-) Reflektion der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen seit 1816 anzustoßen.
Es wäre Unsinn ein Fest- und Ausstellungsprogramm von oben herab zu dekretieren und zu Diskussionen wieder einmal nur die ewig gleichen (männlichen) Gesichter einzuladen. Es hat hingegen sehr viel Sinn die Gemeinden zu ermutigen die Salzburgerinnen und Salzburger vor Ort in Entwicklungsprozesse einzuladen, KünstlerInnen die Möglichkeit zu geben neue Projekte zu realisieren, zu warten was aus der Bevölkerung kommt und nicht zu erwarten, dass diese sich ansieht, was im (politischen) Elfenbeinturm erdacht wurde.
Es wäre Unsinn wenn das Land Millionen, die wir uns an allen Ecken und Enden absparen müssen, in ein Projekt der Repräsentationskultur steckt. Es hat hingegen sehr viel Sinn, wenn wir mit einer Million an Landesgeld fünf weitere Millionen an Bundesgeld abholen um Projekte und Veranstaltungen umzusetzen, die sonst aufgrund der dramatischen Finanzsituation auf viele Jahre nicht realisierbar wären.
Daher kann die Landesausstellung Salzburg 20. 16 eine große Chance sein.