Südtirol: Wo Enteignung eine konservative Tugend ist

Eigentum verpflichtet, so kann man den Zugang der konservativen Südtiroler Volkspartei (SVP) zum Thema Raumordnung und Bodennutzung kurz zusammenfassen. Gewinne aus Umwidmungen von Grünland in Bauland werden an der Alpensüdseite nicht gänzlich privatisiert, sondern kommen auch der Allgemeinheit zugute. Grundsätzlich wird nur nach tatsächlichem Bedarf gewidmet. Dass wie in Salzburg Bauland für die nächsten 100 Jahre ausgewiesen, aber nicht bebaut wird, wäre gänzlich undenkbar. Kommt es in Südtirol zu einer Umwidmung, müssen mindestens 60% der Fläche dem sozialen Wohnbau zur Verfügung gestellt werden. Für diesen Teil bekommt der Eigentümer auch nur die Hälfte des Marktpreises bezahlt.

Strenge Raumordnung, leistbares Wohnen

Wollen Familien in einer Südtiroler Gemeinde bauen, dann gründen sie gemeinsam mit anderen eine Genossenschaft (was dort rechtlich wesentlich einfacher ist als in Österreich) und melden einen entsprechenden Bedarf bei ihrer Gemeinde an. Die Gemeinde sucht dann entsprechende Flächen anhand des jeweils für einen Zeitraum von zehn Jahren beschlossenen Bauleitplans (der in etwa unserem räumlichen Entwicklungskonzept entspricht). Ist eine passende Fläche gefunden, sucht die Gemeinde den Kontakt zu den EigentümerInnen. In Verhandlungen wird der Schlüssel zur gemeinnützigen und privaten Nutzung festgelegt (mindestens 60:40). Wird ein Verkauf abgelehnt, kann die Gemeinde die entsprechenden Flächen auch enteignen.

Einfamilienhaus? Eine aussterbende Wohnform

Die Bebauungsdichte wird bereits im Zuge der Umwidmung festgelegt (sowohl für den gemeinnützigen als auch den privaten Teil der Flächen). Eine Umwidmung in Bauland erfolgt zudem erst dann, wenn 80% der ausgewiesenen Bauland-Flächen verbaut wurden. Die Genossenschaften müssen für das ihnen zugewiesene Bauland nur mehr ein Viertel des Marktpreises an die Gemeinde bezahlen. Also angenommen der vom Südtiroler Landesschätzamt festgelegte Marktpreis beträgt 400€/m2, so kann der Eigentümer die ihm verbleibende Fläche (max. 40%) um 400€ oder mehr am freien Markt verkaufen. Für die 60% der Fläche die für den gemeinnützigen geförderten Wohnbau zur Verfügung stehen bekommt er nur den halben Marktpreis, also 200€/m2. Die Hälfte davon wird vom Land Südtirol als Wohnbauförderung bezahlt. Damit bleiben nur mehr 100€/m2 die von den Genossenschaften zu bestreiten sind. Durch diese Form der Wohnbauförderung können die durchschnittlichen Kosten für Wohnungseigentum deutlich gesenkt werden. Durch die vorgeschriebenen Mindestdichten können jedoch keine klassischen Einfamilienhäuser mehr gefördert errichtet werden. Solche Häuser sind nur mehr am freien Markt zu entsprechenden Preisen erhältlich.

Problem Funktionstrennung

Ein Problem der gegenwärtigen Raumordnungspolitik Südtirols ist jedoch, dass diese eine strikte Funktionstrennung zwischen Wohnbau und Gewerbe vorsieht. So können sich Betriebe nur mehr in ausgewiesenen Gewerbegebieten ansiedeln, was vor allem bei kleinen Handwerksbetrieben zu unnötigen Anfahrtswegen und entsprechendem Verkehrsaufkommen führt. Dieser Punkt soll im neuen Südtiroler Raumordnungsgesetz, das bis 2017 beschlossen werden soll, wieder gelockert werden.

Fazit

In Südtirol sind massive Eingriffe in das Eigentumsrecht politischer Konsens und seit vielen Jahren erfolgreiches Instrument der Raumordnungspolitik. Durch die Gemeinde-Immobiliensteuer werden außerdem leerstehende Gebäude stärker besteuert. Diese Gebäude sollen In Zukunft bei ausbleibenden Instandhaltungs- oder Sanierungsmaßnahmen durch den Eigentümer nach einer bestimmten Frist auch enteignet werden können. Es soll zudem außerdem eine noch strengere Abgrenzung zwischen Wohnbauzonen und Grünland geben. Unkontrolliert wuchernde Fachmarktzentren an den Ortsrändern sucht man in Südtirol aber jetzt schon meist vergeblich. Zumindest was die Effektivität der Raumordnungspolitik angeht, hat Südtirol einen großen Vorsprung. Vielleicht lässt sich ja die eine oder andere Maßnahme auch in Salzburg umsetzen.  

 

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