Was wir von den Wahlen im Burgenland und der Steiermark lernen können

Da haben wir den Salat. Nach der Wahl gab’s betretene Gesichter bei SPÖ, ÖVP, KPÖ, Team Stronach und NEOS. Und auch bei uns Grünen, denn die kleinen Zugewinne sind kein wirklicher Grund zur Freude. Nach den Wahlergebnissen der Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland ist nur der FPÖ zum Lachen zumute. Noch mehr, nachdem eine rot-blaue Regierung im Burgendland verkündet wurde. Die SPÖ weiß seitdem selbst nicht mehr, wo sie eigentlich steht (und vor allem: wofür?) und muss in weiterer Folge – trotz Platz eins – den steirischen Landeshauptmann an die zweitgereihte ÖVP abtreten. Um schwarz-blau zu verhindern. Mit Blick auf die kommenden Wahlen in Oberösterreich stellen sich jetzt viele die Frage: Wie konnte das passieren? Was tun?

Am blauen Spielfeld schießt die FPÖ die Tore

Eine der zentralen Lehren aus diesen Wahlen ist (wieder einmal), dass die FPÖ die Tore schießt, wenn auf ihrem Spielfeld gespielt wird. Und dabei hatten die Blauen diesmal sehr fleißige WahlhelferInnen bei Rot wie Schwarz. SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves hat in der Steierrmark ohne Not schon Monate vor der Wahl mit der unsäglichen Debatte um „Integrationsunwilligkeit“ an Schulen die Vorkampagne für die FPÖ erledigt. Der eigentliche Wahlkampf der großkoalitionären „Reformpartner“ sollte dann völlig ohne Themen auskommen. Dieses thematische Vakuum wussten die Freiheitlichen angesichts der europaweiten Debatte um den Umgang mit Flüchtlingen mit xenophoben und rechtsextremen Parolen gut zu füllen. (Die Logik ihrer Argumente hat der grüne EP-Abg. Michel Reimon bereits treffend beschrieben). Die Medien griffen dankbar zu. ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner hat dann kurz vor der Wahl „just-in-time“ durch das Aufbauen von Zeltstädten für Asylsuchende diese Debatte weiter befeuert. Und SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl hat im Burgenland ohnehin seit längerem versucht die FPÖ rechts zu überholen. Unter anderem hat er die Wiedereinführung von Grenzkontrollen gefordert und gegen Arbeiter aus „dem Osten“ gewettert. Dazu das Thema Sicherheit. Im sichersten Bundesland Österreichs wohlgemerkt. So rollt man der FPÖ den roten Teppich aus.

Wie man Flüchtlinge zum Problem macht

Der ATV-Redakteur Martin Thür hat den Zusammenhang zwischen der Anzahl von AsylwerberInnen in einem Ort und den Zugewinnen der FPÖ untersucht. Ergebnis: Es gibt keinen. Statistisch beeinflusst die Anzahl der Asylwerbenden in einem der das Wahlergebnis der FPÖ nicht. Die Ängste sind also diffus und gefühlt und nicht auf den persönlichen Kontakt mit Flüchtlingen zurückzuführen. Diese Ängste entstehen also erst dann, wenn sie gezielt geschürt werden. Dass es auch anders ginge, zeigte der ORF in der ZIB 2 am Beispiel der burgendländischen Gemeinde Neudörfl. Dort konnte die SPÖ die absolute Mehrheit von 56,7% mit einem Verlust von nur 0,7% halten. Und das obwohl oder gerade weil dort schon seit mehr als zwei Jahrzehnten Flüchtlinge untergebracht und herzlich willkommen sind. Bürgermeister Dieter Posch dazu: „Dort wo das Thema nur aus den Medien bekannt ist, hat man offensichtlich größere Angst, als dort, wo es vorgelebt wird, dass es wirklich konfliktfrei funktioniert“. Und weiter: „Imaginäre Ängste kann ich entkräften oder auf dieser Geige spielen, dass ich sage, das lasse ich bei uns nicht zu und werde euch davor beschützen. Und ich denke halt immer noch, dass es besser ist seinem eigenen Gewissen, seinem eigenen Programm zu folgen, offensiv die Wahrheit zu sagen, zu sagen das werden wir gemeinsam bewältigen“.

Sozialkürzungen? Der falsche Weg.

Nicht ganz außer Acht lassen sollte man auch die Auswirkungen der steirischen Reformen auf das Wahlergebnis. Während die diversen Verwaltungsreformen auf breite Zustimmung gestoßen sind, wurden die einschneidenden Sozialkürzungen laut SORA-Wahltagsbefragung von 76% der WählerInnen klar abgelehnt. Das dürfte vor allem der SPÖ massiv Stimmen gekostet haben. Denn wenn man sich gleichzeitig etwa in Schladming eine alpine Ski-WM um unglaubliche 246 Millionen Euro leisten kann, wird man die Notwendigkeit dieser einschneidenden Kürzungen nicht vielen WählerInnen weismachen können. Schon gar nicht im sozialdemokratischen Potential.

Lernfähigkeit?

Regieren um jeden Preis. So lassen sich die Entwicklungen seit der Wahl wohl am besten erklären. Für die SPÖ ist Opposition „Mist“, wie es ein roter Genosse aus der Bundespartei kürzlich auf Facebook formulierte. Die FPÖ gibt’s sowieso für lau, Hauptsache sie sitzt endlich in einer Landesregierung (ohne Proporz). Und die ÖVP spielt auf der Klaviatur der Macht einfach besser als die anderen (das Burgenland kann man verschmerzen, wenn man dafür in der Steiermark jetzt wieder den Landeshauptmann stellt). Die geneigten WählerInnen sitzen zu Hause vor dem Fernseher und reiben sich die Augen. So haben sie sich das bei ihrer Stimmabgabe nicht vorgestellt. Packelei, Erpressung, Postenschacher statt inhaltlichen Positionen und Visionen?

Ruhig bleiben, menschlich sein, anpacken!

Nach diesen beiden Wahlergebnissen ist es wichtiger denn je einen kühlen Kopf zu bewahren und die Kirche im Dorf zu lassen. Ja, es kommen Menschen die vor Krieg, Not und Hunger flüchten zu uns. Und ja, es werden noch mehr werden. Ja, das wird nicht immer ganz einfach zu meistern sein. Ja, das wird uns Geld kosten. ABER: kann sich eigentlich noch wer an die Hypo Alpe Adria erinnern? In einem äußerst lesenswerten Standard-Kommentar wurde kürzlich ausgerechnet, dass uns das Hypo-Desaster „genauso viel gekostet wie alle Asylwerber von 1950 bis 2275 zusammen (…) Mit diesem Geld hätte man Asylaufnahmezentren und die zugehörige Bürokratie für die nächsten 260 Jahre finanzieren können“.

Jetzt geht es um Menschenleben und keine zweifelhaften Immobilien und Bankgeschäfte. Wenn wir nur wollen, werden wir es auch schaffen, für einige tausend Flüchtlinge Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Deutschkurse anzubieten und sie mit vereinten Kräften in unserer Gesellschaft aufzunehmen und zu integrieren. Und um die Perspektive zu wahren: Salzburg beherbergt momentan rund 2.000 Flüchtlinge. Das sind nicht einmal 0,5% der Salzburger Bevölkerung. Gemeinsam schaffen wir das. Ruhig bleiben, menschlich sein, anpacken!

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