Koalitions-Crash und ein Genosse Burschenschafter im VSStÖ
Ich war gerade auf Einladung unsres Partner-Landtages im rot-grün regierten Rheinland-Pfalz zu Besuch, als mich letzten Freitag der Anruf ereilte, dass der „rote“ VSStÖ in Salzburg – nach nur drei Monaten – die Koalition mit der GRAS sprengen wird. Der fliegende Wechsel zur ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft (AG) war zu dem Zeitpunkt schon paktiert. Wohl um unangenehmen Fragen nach dem Warum und Wieso auszuweichen hat der Salzburger VSStÖ das Koalitionsende mit einer haarsträubende Geschichte begründet. Ein persönliches Gespräch mit der GRAS zu den Vorwürfen gab es natürlich nicht. Stattdessen wurde bei der APA eine Presseaussendung zum Koalitionsbruch mit Sperrfrist 17.00 eingestellt und die grünen KollegInnen auf ebendiesen Zeitpunkt bestellt. Das ist hinterfotzig, feig und schlechter politischer Stil. Und es zeigt wie viel Rückgrat die handelnden Personen im VSStÖ derzeit beweisen.
VSStÖ steht hinter Burschenschafter – Bund kündigt Ausschluss an
Weil die ganze Sache bisher noch nicht absurd genug war, sollten die nächsten Überraschungen rasch folgen. Und damit kommen wir zum stellvertretenden ÖH Vorsitzenden Maximilian Wagner vom VSStÖ Salzburg. Über den gab es bereits vor Jahren – lange vor seinem Engagement beim VSStÖ – Gerüchte, dass er Mitglied einer Studentenverbindung gewesen sei. Was jedoch im Zuge dieser Geschichte raus kam, ist, dass er es immer noch ist. Und zwar bei einem „waffenstudentischen“ Corps, also einer schlagenden Verbindung. Mit seinen Bundesbrüdern war er erst diesen Juni unterwegs, wie ein Foto belegt. Schön mit buntem Band und so. Ein Salzburger VSStÖ-Kollege hat ihn dabei begleitet. Gemeinsam feiert sichs halt besser mit den Burschis (siehe nebenstehendes Bild aus dem Juni 2015 vom Fest am Burschi-Boot).
Der Bundes-VSStÖ dürfte die Causa wohl schon genauer kennen und hat deswegen sofort ein Ausschlussverfahren angekündigt, sowie versichert, dass Max Wagner keine Funktionen mehr ausüben wird. In Salzburg klingt das noch ganz anders. Der ehemalige Salzburger VSStÖ-Vorsitzende Marco Stadlberger meint dazu „Max Wagner war ziemlich sicher nie bei einer Burschenschaft“. Und er möchte Menschen „nach ihrem aktuellen Handeln“ beurteilen, nicht wegen „angeblicher früherer Mitgliedschaften“, denn jeder hat „mind. eine zweite Chance verdient“. Mindestens eine zweite Chance wird Max Wagner auch brauchen, wenn er seinen GenossInnen (oder eher Kameraden?) bis heute verschwiegen hat, wo er sonst noch so aktiv dabei ist. Jedenfalls hat der VSStÖ Salzburg dienstags angekündigt Max Wagner zum ÖH-Vorsitzenden machen zu wollen. Aber damit nicht genug. Ebenfalls am Dienstag erschien in den Salzburger Nachrichten ein knallhartes „Interview“ mit einem schlagenden Burschenschafter aus Salzburg. Fazit: Schuld am schlechten Image der Burschis sind die 68er und „Studenten der Geisteswissenschaften“. Mitautorin? Ein Mitglied des VSStÖ, derzeit Sachbearbeiterin im gesellschaftspolitischen Referat (!) der ÖH Salzburg.
Minus 10% – Minus 10% – Minus 10%
Zuerst habe ich mich gefragt: was soll das Ganze? Operation Wahlbeteiligung runter auf 10%? Selbstabschaffung der ÖH Salzburg wegen Irrelevanz? Meine erste Einschätzung war, auch über das was mir in letzter Zeit von beiden Fraktionen zugetragen wurde, dass sich die Konflikte nicht um politisch-programmatische Differenzen sondern persönliche Animositäten und Eitelkeiten drehen. Doch je mehr ich darüber nachdenke und je mehr Puzzle-Steine sich nun zu einem größeren Bild zusammenfügen, desto klarer wird: beim VSStÖ hat sich politisch einiges massiv verschoben. Dass der VSStÖ mittlerweile einem Burschi die Mauer macht ist nicht nur für mich schwer fassbar. Denn die bisherige grün-rote Erfolgsbilanz – auch aus Zeiten meiner ÖH-(Vorsitz) Tätigkeit – kann sich eigentlich durchaus sehen lassen. Da wurden viele weitreichende Projekte realisiert: ein neues Beratungszentrum, der öh frei:raum, eine Food-Coop, das ÖH-Radio, frei:kost, eine Infrastrukturprogramm für die Studienvertretungen, StudierendenvertreterInnen-Workshops, ein neues Corporate Design, die Neuausrichtung der Unipress, eine neue Homepage, ein regelmäßiger Newsletter, ein Social-Media-Auftritt, große und kleine Konzerte, Veranstaltungen, Lesungen, Proteste, Demos, you name it. Die Aktionsgemeinschaft hatte währenddessen keine Rolle und spielte auch keine. Ein ÖH-politisches U-Boot, das immer nur kurz für Spritzer-, Sturm- und Glühweinstände aufgetaucht ist. Für „die Roten“ jetzt anscheinend gerade recht. Schon zur letzten Wahl hat sich der Salzburger VSStÖ das „sozialistisch“ aus dem Namen gestrichen, klang zu links. Die neue Marschrichtung ist spätestens jetzt klar. Schade drum. Ich bin jedenfalls gespannt ob es im Salzburger VSStÖ bald erste Ausschlüsse wegen „Linksabweichlertums“ gibt.