What the Schuldgeldfreiheit? Was geht und was nicht. Wir haben es jetzt amtlich!
Das Thema Schuldgeldfreiheit bewegt Salzburgs Schulen nun schon seit einigen Monaten. Ausgangspunkt war eine lächerliche Geschichte in Oberösterreich. Dort fühlte sich der Sohn eines FPÖ-Nationalratsabgeordneten auf den Schlips getreten, weil in einem Schul-Workshop zum Thema Rechtsextremismus auch die FPÖ erwähnt wurde. Der Filius telefonierte gleich zum Vater, der wiederum mit dem Direktor. Der Herr Nationalrat machte derart Druck, dass der Direktor den Vortrag abbrechen ließ. Dass der oberösterreichische Landesschulrat später feststellte, dass alles seine Richtigkeit hatte und kein Fehlverhalten – vielleicht bis auf die politische Intervention und den Abbruch des Vortrags – vorlag, tat der Aufregung keinen Abbruch. Die FPÖ stellte zahlreiche Anfragen im Nationalrat, es gab viele Medienberichte. Auf eine dadurch hervorgegangene Anfragebeantwortung des Bildungsministeriums stützte sich dann auch ein „Erlass“ des Salzburger Landesschulrates.
Wofür müssen Eltern zahlen und wofür nicht?
In der besagten Anfragebeantwortung heißt es etwas verkürzt: „Der Unterricht an öffentlichen Schulen hat unentgeltlich zu sein. Von der Schulgeldfreiheit sind an vom Bund erhaltenen Schulen (§ 5 Schulorganisationsgesetz) Lern- und Arbeitsmittelbeiträge sowie Beiträge für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in öffentlichen Schülerheimen sowie im Betreuungsteil (ausgenommen Lernzeiten) öffentlicher ganztägiger Schulformen ausgenommen. Freiwillige Beiträge sind möglich. Sonstige Beiträge sind nicht vorgesehen“. In einem Schreiben an alle öffentlichen und privaten Schulen im Bundesland Salzburg mit der Zahl 7154/0022-AP/2017 vom 29.5.2017 übernahm der Landesschulrat für Salzburg diese Passage fast wortgleich. Dazu wurde ergänzt: „Die Vorschreibung und Einhebung von (verpflichtenden) Kostenbeiträgen der Erziehungsberechtigten zwecks Durchführung der „Workshops“ am Schulstandort ist im Hinblick auf die Schuldgeldfreiheit nicht zulässig“.
Große Verunsicherung an den Schulen
Das war zwar nur die halbe Wahrheit, bewirkte aber eine massive Verunsicherung an den Salzburger Schulen. Weil viele Lehrerinnen und Lehrer nun nicht mehr wussten, ob Elternbeiträge für diverse Workshops, Theatervorstellungen, etc. zulässig sind, wurden reihenweise bereits vereinbarte Termine gecancelt. Seitens des Landesschulrats gab es nur spärliche Auskünfte. Und weil sich zahlreiche Lehrkräfte nicht mit einem Fuß ins Kriminal stellen wollten, fanden viele Veranstaltungen die sich lange bewährt haben und die rechtlich auch absolut korrekt abgelaufen wären, nun einfach nicht mehr statt. Eine Situation die für alle Seiten ziemlich unbefriedigend ist. Daher sind wir (Die Grüne Fraktion im Salzburger Landesschulratskollegium und ich) der Sache weiter nachgegangen.
Ausweg: Schulveranstaltungen!
Wie sich schnell herausfinden lässt, gibt es nämlich die Möglichkeit so genannte Schulveranstaltungen abzuhalten. Ein wesentliches Merkmal von Schulveranstaltungen ist es, dass diese „der Ergänzung des lehrplanmäßigen Unterrichts“ dienen. Darüber hinaus können für Schulveranstaltungen auch Kostenbeiträge etwa für Fahrt, Nächtigung, Verpflegung, Eintritte, Kurse, Vorträge, und Arbeitsmaterialien von den Eltern eingehoben werden. (Diese Bestimmungen finden sich in der Schulveranstaltungenverordnung 1995 SchVV) Noch nähere Ausführungen zum Thema können in den Informationsblättern zum Schulrecht Teil 5 nachgelesen werden. Dort wird etwa präzisiert, dass grundsätzlich „im Rahmen von Schulveranstaltungen alles gemacht werden [kann], was der Ergänzung des Unterrichts dient“. So können etwa Ausstellungen, die Vorführung von Filmen oder Vorträge von schulfremden Personen ergänzend zum lehrplanmäßigen Unterricht als Schulveranstaltungen angeboten werden. Dabei kann die Finanzierung einer Schulveranstaltung auch durch den Elternverein oder durch außerschulische Stellen erfolgen.
Viele Fragen, endlich Antworten!
In der Praxis ergeben sich natürlich durchaus komplexe Anwendungsfälle. Und so wurden in den letzten Monaten zahlreiche, nicht ganz einfach zu beantwortende Fragen aus dem Schulalltag an uns herangetragen, die wir versucht haben in mehrere Anwendungsbeispiele zusammenzufassen. Und da wir eine verlässliche Auskunft wollten, haben wir den Landesschulrat um eine rechtliche Beurteilung gebeten. Seit kurzem liegt uns die amtliche Beantwortung vor.
Hier auszugsweise die wesentlichen Punkte:
Wie bereits mehrfach ausgeführt, gilt für Schulen, die vom gesetzlichen Schulerhalter betrieben werden, gem. § 5 des SchuIorganisationsgesetzes, generell die Schulgeldfreiheit. Diese Bestimmung bewirkt den wesentlichen Unterschied zwischen einer öffentlichen Schule und einer Privatschule, indem sie verbietet, den Erziehungsberechtigten Kosten für den Unterricht zu verrechnen, sofern es sich nicht
- um Lehr- und Arbeitsmittel oder
- die Kosten von Schulveranstaltungen
handelt. Aspekte der ganztägigen Schulformen oder der Unterbringung von SchülerInnen in Schülerheimen können außer Betracht bleiben, weil sie für die gegenständlichen Fragestellungen nicht relevant sind.
Der grundsätzlich kostenfreie „Regelbetrieb“ der vom gesetzlichen Schulerhalter betriebenen Schule besteht in der Iehrplanmäßigen Führung von „Unterricht”. Dieser kann durch Schulveranstaltungen gem. § 13 bzw. schulbezogene Veranstaltungen gem. § 13 a des Schulunterrichtsgesetzes ergänzt werden, für die Kostenbeiträge von den Erziehungsberechtigten eingehoben werden dürfen.
Eine Schulveranstaltung liegt vor, wenn sie
- nach den Vorgaben der Schulveranstaltungenverordnung angeordnet, organisiert und durchgeführt wird,
- lehrplanergänzenden Inhalt hat ist und
- es sich um ein in der Regel einmaliges, jedenfalls aber nicht über längeren Zeitraum regelmäßig wiederholendes Ereignis handelt.
Handelt es sich dagegen um ein regelmäßiges, über einen längeren Zeitraum wiederkehrendes Unterrichtsangebot, fehlt es am Veranstaltungsbegriff, in diesem Fall kann keine Schulveranstaltung oder schulbezogene Veranstaltung vorliegen.
Zur Beurteilung der Frage, ob es zulässig ist, Elternbeiträge vorzuschreiben, ist daher nicht Qualität, Ort, Dauer, Inhalt oder Höhe der Kosten oder sonstige Konditionen des Angebots oder der Aktivität relevant, sondern ausschließlich die Frage, ob „Unterricht” oder eine „Schulveranstaltung” bzw. „schulbezogene Veranstaltung” vorliegt.
Konkrete, von uns eingebrachte Fragestellungen, wurden wie folgt beantwortet:
Beispiel 1: Der Unterricht aus Bewegung und Sport wird einmal monatlich als Schwimmunterricht im örtlichen Hallenbad disloziert abgehalten. Für den Eintritt gewährt die Stadtgemeinde X einen speziell reduzierten Preis über € 1,50 pro SchülerIn. Das Eintrittsgeld wird jeweils im Voraus von den SchülerInnen eingehoben.
Antwort 1: Es handelt sich um einen dislozierten Unterricht in Bewegung und Sport und offensichtlich um keine Schulveranstaltung. Allfällige Kosten für den Eintritt in das Schwimmbad sind von der Schulgeldfreiheit erfasst und vom Schulerhalter zu tragen.
Beispiel 2: Die LehrerInnen aus Bewegung und Sport der NMS Y veranstalten einen ganztägigen Skitag, die Teilnahme ist für alle SchülerInnen verpflichtend, sofern nicht Entschuldigungsgründe vorliegen. Das Seilbahnunternehmen gewährt pro zehn SchülerInnen eine Freikarte, der speziell reduzierte Preis beträgt € 12,50. Für die LehrerInnen gilt derselbe Preis. Um Kosten für das Budget der Schule zu sparen, verlangt der Direktor, dass die LehrerInnen die Freikarten in Anspruch nehmen und die SchülerInnen die vollen Kosten tragen.
Antwort 2: Ein ganztägiger „Schitag“ legt die Vermutung nahe, dass es sich (ähnlich wie 2.8. ein „Wandertag“) um eine „Schulveranstaltung“ handelt, aus den Angaben geht dies jedoch nicht hervor. Je nachdem, ob es sich um „dislozierten Unterricht“ in Bewegung und Sport oder eine „Schulveranstaltung“ handelt, sind allfällige Kosten von der Schulgeldfreiheit erfasst (1. Fall) oder es können den Erziehungsberechtigten Kostenbeiträge vorgeschrieben werden.
Beispiel 3: Ein Judo Verein bietet der Schule klassenübergreifend Selbstverteidigungskurse für Mädchen an. Der Kursumfang beträgt vier Nachmittage zu je drei Stunden. Zwei LehrerInnen erklären sich bereit, der Aufsicht nachzukommen. Das Teilnahmeinteresse wird erhoben, die formalen Voraussetzungen für die Genehmigung durch die Schulbehörde liegen vor, die Genehmigung als schulbezogene Veranstaltung wird erteilt. Von den teilnehmenden SchülerInnen wird ein Selbstbehalt über € 30,00 eingehoben.
Antwort 3: Laut Sachverhaltsdarstellung handelt es sich eine schulbezogene Veranstaltung, daher sind Kostenbeiträge zulässig. Allerdings könnte es sich aufgrund der Angaben möglicherweise auch um einen privat organisierten Kurs des Judoverbandes handeln, der lediglich in vom Schulerhalter zur Verfügung gestellten Schulräumlichkeiten abgehalten wird (Schulraumüberlassung), da die Aufsicht durch die „Lehrer” freiwillig zu erfolgen scheint, also offensichtlich nicht über Auftrag der Schulleitung bzw. im Rahmen ihres Lehrerdienstverhältnisses.
Beispiel 4: Ein D-Lehrer an der AHS in Z behandelt im Deutschunterricht das Thema „Unsere Region im Spiegel der Literatur“. Er blockt zwei D-Stunden und lädt eine regional bekannte Autorin in den Unterricht ein. Frau N hält einen Vortrag zu diesem Thema und diskutiert dann mit den SchülerInnen. Frau N verlangt für ihren Beitrag kein Honorar, möchte aber die Reisekosten für die An- und Abreise ersetzt haben. Die Reisekosten belaufen sich auf € 41,60. Der D-Lehrer möchte die Kosten von den 26 SchülerInnen anteilig zu je € 1,60 einheben. Er sieht – wie auch seine SchülerInnen – den Besuch der Frau N als vollen Erfolg und findet sowohl bei den SchülerInnen wie auch bei den Eltern volles Verständnis für den geringen Kostenbeitrag.
Antwort 4: Laut dargelegtem Sachverhalt handelt sich um geblockten Unterricht der von der Schulgeldfreiheit erfasst ist und um keine Schulveranstaltung, daher sind allfällige Kosten vom Schulerhalter zu tragen. Der Vortrag könnte jedoch grundsätzlich auch als projektbezogene Schulveranstaltung „Literaturprojekt” organisiert werden, dann könnten Beitragskosten eingehoben werden.
Beispiel 5: Die Direktorin der HTL in X hat veranlasst, dass für die SchülerInnen wegen bislang unliebsamer Erfahrungen versperrbare Garderobekästchen angeschafft werden. Da die Anschaffungskosten bei einmaliger Zahlung das Schulbudget unvertretbar belasten würde, wählt sie eine Leasingfinanzierung und bietet die Benutzung der versperrbaren Garderobeschränke gegen eine monatliche Gebühr über € 2,50 an, sodass das Schulbudget davon unberührt bleibt.
Antwort 5: Die Zurverfügungstellung von schulischer Infrastruktur ist Aufgabe des gesetzlichen Schulerhalters und fällt unter die Schulgeldfreiheit. Denkbar ist, dass ein qualitativ höheres Ausstattungsangebot als die verpflichtende schulische Grundausstattung über ein solches Modell kostenpflichtig angeboten wird, vorausgesetzt jedoch, dass es freiwillig ist und additiv zur gesetzlich verpflichtenden Grundausstattung zur Verfügung steht, d.h. kein Erziehungsberechtigter gezwungen ist, das Zusatzangebot anzunehmen, eine kostenlose Alternative angeboten wird und das Prinzip der Schulgeldfreiheit dadurch aufrecht bleibt. Der Ordnung halber wird angemerkt, dass der Landesschulrat für Salzburg zu dieser Frage nur hinsichtlich der mittleren und höheren Schulen verbindliche Auskunft erteilen kann, da die Errichtung und Erhaltung von allgemeinbildenden Pflichtschulen in der Regelungskompetenz des Landes Salzburg liegen.
Beispiel 6: Zum Thema Gewaltprävention wird über die Vermittlung eines Vereins, der seinerseits durch das Amt der Landesregierung subventioniert wird, ein Psychologe eingeladen. Zielgruppe sind die SchülerInnen der ersten Klassen in einer Oberstufe, der Psychologe arbeitet innerhalb der Unterrichtszeit mit den SchülerInnen in dreistündigen Workshops. Zur Restfinanzierung wird von den SchülerInnen ein Beitrag über € 5,00 eingehoben.
Antwort 6: Nach der Schilderung des konkreten Sachverhaltes handelt es sich um Unterricht und um keine Schulveranstaltung, daher sind allfällige Kosten vom Schulerhalter zu tragen. Allerdings könnten die angebotenen Workshops grundsätzlich auch als projektbezogene Schulveranstaltung organisiert werden
Beispiel 7: Ein LehrerInnen Team für Bewegung und Sport will einen Mountain-Bike Tag veranstalten, Ziel ist neben der körperlichen Ertüchtigung auch die Vermittlung von Verhaltensregeln im alpinen Gelände, die Darstellung von besonderen Gefahren und die Orientierung anhand von Karten. Die Schule selbst verfügt über keine Räder, ein lokaler Mountain-Bike Verleiher ist bereit, eine sehr günstige Leihgebühr anzubieten, wenn er im Gegenzug den SchülerInnen einen Prospekt über seinen Betrieb aushändigen darf. Die reguläre Leihgebühr unter Berücksichtigung eines Mengenrabatts würde € 48,00 betragen, durch die Gestattung seiner kleinen Werbeaktion reduziert sich der Preis auf € 30,00 pro Leihrad. Aus dem Schulbudget werden pro SchülerIn € 15,00 beigetragen, somit ergibt sich SchülerInnen ein Selbstbehalt von € 15,00.
Antwort 7: Dieser Fall ist analog zu 2) zu beurteilen.